Familien T(h)ur(te)nwald(t)

Eine spannende Geschichte zeichnet sich bei den Turnwalds ab, zu denen meine Großmutter Margarete HonalMargarete (* 19 NOV 1875 in Lochutzen / Lochousice  27 oo 6 MAR 1900 mit Wenzel Honal aus Honositz 46), mit dem Vater Josef u. dem Großvater Josef Turnwald (Hs Nr. 35) aber auch meine Ururgroßmutter Anna  (*15 JAN 1816 in Tuschkau Dorf oo 1844  Matthias Honal *20 JAN 1809  in Honositz 46) in unserer Ahnenlinie gehören.

Anna hatte den Vater Andreas Turnwald (*6 JAN 1770 in Tuschkau Dorf Nr. 7) und als Großvater den Georg Thurnwalt aus Tuschkau Dorf  (*31 MAR 1717), für mich ein direkter Vorfahre in der  6. Generation. Die Hofübergabe von Georg an den Sohn Andreas wird am 28. April 1788 beurkundet. Wie in der Marginale zur Taufurkunde steht auch im Grundbuch als Georgs Familiennamen Turnwald. Tuschkau Dorf  heißt tschechisch Ves Touškov; es lag bis 1945 im Landkreis Mies (Stříbro) und liegt jetzt im Bezirk Pilsen-Süd (okres Plzeň-jih),  Region Pilsen (Plzeňský kraj).
In den nun digital erreichbaren Kirchenbüchern von Tuschkau Dorf   reichen, nach vorläufigem Kenntnisstand, die Turnwald-Vorfahren sicher bis 1717 zurück mit dem  Georg Turnwald, von dem es in einer Heiratsurkunde heißt (2. Zeile links oben), dass er am 1. Aug.  1785 mit 68 J.  die Katharina Kreis (64 J.)  in Tuschkau Dorf #35 heiratete (2. von 3 Ehen). Dann – zu den früheren Generationen hin – wechselt der Name. Georg Turnwalds Vater Gallus Thurnwalt bzw. Turtenwald (mein Vorfahre in der  7. Generation) heiratet als Hahlo (od. Ghahlo, Gallus) Turnwalt am 29. Oktober 1704  in Tuschkau Dorf die Barbara Bock und übernimmt als Gallus 1705 den Hof seines Schwiegervaters Jan (= Johann) Pockh. Auch in der Grundbuch-Liste des Gedenkbuch des Ortes steht dies  (S. 14 unten: 1705) und ein Preis von 550 Gulden. In der  auch im Gedenkbuch wiedergegebenen Hausbesitzerliste von 1783 (S. 31 u. 32) stehen dann schon bei 6 von 42 Häusern Turnwalds: Veit (#4 u. #24),  Peter (#5 1798 an Sohn Anton), Georg (#7 u. #35,  s. unten bei 8. Gen.)  und Adalbert (#42) , kein Turtenwald mehr.


.

Turnwald_Johann-geb1852_Familienbild-USA1926_516Johann Turnwald (*13 DEZ 1852), der jüngere Bruder meines Urgroßvaters Josef, wanderte vom Tuschkau Dorf 1890 in die USA aus und gründete dort in Michigan eine große Familie (s. Bild links, mit Frau Marie, geb. Kulhanek aus Obersekerschan, oo 1876,  inmitten der Schar seiner 21 Enkel)

Das Bild schickte mir sein Ur-Urenkel Greg Turnwald aus New Lothrop, Michigan. Wenn ich Gregs Tochter oder meine 8 Enkel  als 0.Generation zähle, dann sind unsere  gemeinsamen Vorfahren-Großeltern über 7 weitere Generationen 6  bis 12 bekannt; dabei steht Tuschkau für Tuschkau Dorf  = Ves Touškov:
6. Gen.: Joseph Turnwald (*1803-04-09, Bauer in Tuschkau Nr. 35) oo ~1850 Magdalena Ihl,
7. Gen.: Nikolaus Turnwald (*1752-11-14, Bauer in Tuschkau Nr. 4)  3.Ehe mit 49 J. am 1801-02-10 mit Margareth Platz, 27 J., aus Tuschkau Nr. 27
(Nikolaus T. hatte 23 Kinder und hatte als Witwer nach  oo 1777: Susanne Raunen, eine 2. Ehe 1794 mit Maria Turnwald),
8. Gen.: Georg Turnwald (Coloni =  Ansiedler in Tuschkau Nr. 35 (*31 MAR 1717)  in Tuschkau, † ca. 1800)  oo ~1750 Barbara – soweit der Taufeintrag zu Nikolaus:

Turnwald_Nikolaus_1752-11-14_V-Georg-Turnwald_M-Barbara_Tuschkau-Dorf_ves-touskov-04_0040-n_Detail_B4v84_616

In der Urkunde steht Thurnwald – vielleicht ist das h ein Signal  dafür, dass die Schreibweise von Georgs Familiennamen unsicher ist? Die Marginale rechts lautet aber Turnwald.  Ein Andreas Turnwald aus Lochutzen 14 zog nach Wenussen und begründete ein Familie, die sich dann dort Thurnwald schrieb und zum Andreas Ritter von Thurnwald nach Wien führt. 


.

Einschub:

Dieser Einbau eines h nach dem T  hat auch noch 1971 stattgefunden. Auf der Grabplatte im Kloster Speinshart ist aus meinem Cousin 3. Grades (Pater Franz Sales) Anton Turnwald (*1902-10-20), Prämonstratenser im Stift Tepl,  ein Anton Thurnwald  geworden:

.

Es folgen auf den o.g. Georg Turnwald zeitlich absteigend – vor Georg:
Georg Turnwalds  Vater (9. Gen. *ca. 1674 in Horschikowitz / Hořikovice,  † 15. Jul. 1759 in Tuschkau Dorf mit 85 J. , oo 29. Okt. 1704 Barbara Bock)  Gallus Turnwalt , dessen Vater (10. Gen.  *zw, 1639 u. 1656 in Horschikowitz, †29. Mai 1719 in Horschikowitz, oo Anna Nyk) Friedrich Turtenwald, dessen Vater (11. Gen.  *ca. 1604 in Horschikowitz , †11. Juni 1682 in Horschikowitz, oo Anna)  Johann Turtenwald. Johann kauft 1635 einen Hof in Horschikowitz.
Dessen Vater (12. Gen.  *vor 1585, †nach 1656, oo Margaretha) Martin Dortenwald kaufte 1622 einen Hof in Ostrau / Ostrov u Stříbra; nach dem Grundbucheintrag haben sie vier Kinder, Margarete  (*1610) und drei Söhne: Sohn Michel begründet die Ostrauer Turtenwald-Linie, Johann die Horschikowitzer Linie die auch nach Staab und Tuschkau Dorf (von dort über Lochutzen zu den Honals) führt, Martin ist Bauer in Teinitzl und verschwindet von dort 1651 – bisher spurlos.

Martins Dortenwalds (*vor 1585) Vorfahren sind sehr wahrscheinlich die Turtenwalds in Stiebenreith / Kreis Tachau, s. unten bei Dortenwald.

Direkt nach Lochutzen kam, nach den mir vorliegenden Wech-Hauslisten von 1942 in das Haus Lochutzen Nr. 7,  aus Horschikowitz ein Mathias Turtenwald (*1661), der sich 1687 durch die Ehe mit Eva Benda (*1664) in das „Wenda“-Anwesen einheiratete.

Urkunden zu den bisher gefundenen  3 ältesten Generationen muss ich noch finden – ich danke herzlich  v. a. den  Familienforschern Kaul, Kraus und Lawitzky  für deren zuverlässige Arbeit am Turtenwald- / Turnwald-Geflecht.

Bei der 1882 (nicht 1881)  aus Staab (cz: stod)  nach Ottoville im Staat Ohio, USA,  ausgewanderten Familie des Richard Turnwald  kannte ich zunächst nur 4 Generationen von Vorfahren-Eltern. Inzwischen weiß ich, das diese Familie ebenfalls bei Friedrich Turtenwald (*~1644) einmündet. Die Staaber Turnwalds / Turtenwalds waren oft nicht nur Bäcker, sondern auch Bäckermeister,  wie es im Kirchenbuch von Staab belegt ist:  Josef Turnwald (*1848) &  Maria geb. Smola (oo 1875) , die Auswanderer,   Josef Turnwald (*1822)  &  Anna  Maria geb. Pawlik (oo 1847),  Josef Turnwald  (* 1789) &  Anna geb. Graas  (2.oo 1817, 1.oo A.M. Pittner 1813),  Matthias Turnwald  (*1748) &  Katharina geb. Linxweiler  (oo 1781), Tochter des Georg Adam Linxveiler, Bürger und Metzger in Staab;  Veit/Vitus Turtenvald (*1706) & Margaretha Bandhauer, verw. Engelhard. Matthias wird, ähnlich wie sein Vater, Turtenwald geschrieben:
Die Eltern von Veit/Vitus Turtenvald sind Laurenz / Lorenz Turtenwald (*1671 in Horschikowitz)  und Barbara Troger (*1684 in Staab). Laurenz  zog als Tischler nach Staab (1692 heiratete er dort) und begründete so die Staaber Turnwald-Linie.  Er selbst ist in Horschikowitz als Sohn des Friedrich / Frederik Turtenwald (*1644) und der Anna Nyk (*1645) geboren.  Damit schließt sich der Bogen: Friedrich ist sowohl mein direkter Vorfahre (8. von mir, 10. Generation von meinen Enkels aus gerechnet) als auch direkter Vorfahre meines aus Tuschkau Dorf 1890 in die USA ausgewanderten Großonkels Johann Turnwald (*1852, s- oben). Friedrichs Vater ist Johann (Hans) Turtenwald (*~1604), sein Großvater  Martin Turtenwald (*~ 1582), der direkte Vorfahre der 10 . bzw. 12. Generation.

Die beiden Turnwald-Familien in den USA  haben also,  wie auch ich und die Wenzl-Turnwald-Nachkommen in Neuseeland,  sicher Friedrich (*1644), Johann (*~1604) und damit Martin Turtenwald (*~ 1582)  in Ostrau (Ostrov u Stříbra) als gemeinsame direkte Vorfahren.

Ostrau hat heute ca. 100 Einwohner und gehört nun zu Kostelzen / Kostelec u Stříbra mit 570 Einwohnern.  Ein Turnwald Philipp (*1727, † 16. Feb. 1811) kam nach der Wech-Hausliste (1942) durch die Heirat mit Susanne Ganka in das Haus Lochutzen # 14, den „Schwarzbauer-Hof“. Wech notiert zu Philipp: „Aus dem Neubauernhof v. Ostrau“. Das passt zu der vom Martin Dortenwalds Sohn Michel begründeten Ostrauer Turtenwald-Linie.


.


In diesem Haus #14 (Bild von 2015)  ist auch Wenzl Turnwald geboren (*1794),  der Vater des 1863 nach Puhoi in Neuseeland ausgewanderten Lorenz Turnwald (*1826). Und auch die Turnwalds in Haus Lochutzen Nr. 6,  dort beginnend mit Anton Turnwald (*1817 in Stein-Aujezd / Kamenný Újezd), der den Hof 1868 kaufte, stammen über Lorenz T. (Chrast / Chrástov) und Andreas T. (oo Wenussen / Bdeněves) auch aus dem Haus #14. Antons Sohn Wenzl T. (*1850) kam mit der Heirat der Margareta Puchta wieder in den Hof #14  „zurück“, da dort Martin T. (*1802) kinderlos verstorben war. Martin hatte Maria Puchta aus Tuschkau Dorf #31 adoptiert; Maria blieb ledig und so erbte Margareta (*1854) als ihr einziges (uneheliches) Kind den Hof.

Also gab es in dem kleinen Ort Lochutzen drei (scheinbar) verschiedene „Stämme“ der Turnwalds:

  1. diese o.g. Turnwalds im Haus #14, die direkt von den Turtenwalds in Ostrau abstammen. 
  2. die Turnwalds im Haus #7, die mit Matthias Turtenwald (*1661) aus Horschikowitz zuzogen und
  3. die Turnwalds im Haus #27, die mit meinem Urgroßvater Josef Turnwald (*1861) aus Tuschkau Dorf #24 kamen.

Staab und Horschikowitz liegen nahe bei Chotieschau, (cz: Chotěšov, 2.800 E.  okres Plzeň-jih). Dort hatte das Kloster Chotieschau (cz: klášter chotěšov)  von 1620 bis 1782 (wieder) die  Grundherrschaft, in dessen Gebiet eine gewisse Beweglichkeit der Untertanen möglich war.Bild-Kloster-Chotieschau-wiki_616

Daher konnten die Turnwalds aus Horschikowitz (im Kirchsprengel  Chotieschau)  nicht nur in das benachbarte Staab sondern auch (z. B. durch Heirat) bis nach Tuschkau Dorf  siedeln.  Die Turnwalds aus Tuschkau Dorf  kommen nämlich, wie ganz oben dargestellt, auch aus Horschikowitz. Alle Horschikowitzer Turtenwalds (das war dort der Name) stammen aber über Friedrich T. (*-1645 Horschikowitz) und Hans T. (*~1604 Ostrau) von Martin Turtenwald (*~1582) ab, der 1622 nachweislich einen Hof in Ostrau kaufte. Alle drei Turnwald- „Stämme“ in Lochutzen sind also verwandt. Das gilt sicher für Lochutzen, das gilt aber wohl für alle T(h)ur(te)nwald(t)  in Westböhmen, auch wenn viele von ihrer Verwandtschaft nichts wissen, da ja selbst die Schreibweise des Namens innerhalb der Verwandtschaft variierte.

Daraus folgen dann auch die weiteren Verbindung  etwa zur Reichenberger (cz: Liberec) Juristen-Familie Turnwald mit dem Stammvater Georg Turnwald aus  Pscheheischen (cz: Přehýšov, Plzeňský kraj) und nach Lichtenstein (Lišt’any, Plzeňský kraj)  zu Wilhelm (Karl) Turnwald (*30. Okt.1909 in Lichtenstein #6), dessen Vater Anton (*1875) in Naglos / Náklov #5 stammt.

Alle diese Orte, z. B.  Naglos und Lichtenstein, sind nicht weit von der „Heimat“ Lochutzen und der früherer Kreisstadt Mies (cz:  Stříbro) entfernt, wie es die Karte aus dem 19. Jahrhundert zeigt:

Von Dr. Wilhem Turnwald (*1909), einem Historiker, stammt  die Vermutung, die Turnwalds wären „künische Freibauern“ gewesen.  [Von der örtlichen Lage her hätten es eher Choden, Untertanen königliche Güter, sein müssen;  d. Verf.].  Sie hatten die Aufgabe,  in kritischen Zeiten an den Grenzen von Türmen aus das Land zu kontrollieren, waren also Turmwalter (walter vom  althochdeutschen waltan  = herrschen). Daraus sei der Name Turnwald entstanden, mit dem  Ursprung im 13. oder 14. Jahrhundert.  In einer Version von 1987 seiner „Kurzgeschichte der Turnwald Familien in Westböhmen“ bevorzugt Edward Skender die Vermutung, dass sich Turnwald von „Durch den Wald“ ableiten lässt. Die deutschsprachigen, katholischen Siedler kamen aus Thüringen und Bayern  „durch den Wald“. Als Zeitraum wird die Wiederbesiedlung des durch den dreißigjährigen Krieg zerstörten Westböhmens, also 1648 folgende, angenommen. Tatsächlich gibt es aber schon vor 1590 z. B. in Ostrau, durchaus im Chodengebiet, den  Martin Dortenwald (* wohl vor 1582).  In der 2. Version von 1994 gibt Edward Skender, sowohl die „Durch den Wald“-Vermutung als auch die „Turmwalter“-Vermutung auf zu gunsten der Ableitung von dem alten deutschen Namen Turtobald. Auch die Siedlung erst nach dem dreißigjährigen Krieg gibt er auf.  Gut, denn dazu teilte am 26. Dez. 2016 Gisbert Lawitzky mit, dass es im Tachauer Urbar 1555 in Dreihacken den Eintrag gebe „Heintz Torhawald zinst auf Georgi“ und im Tachauer Urbar 1607 stehe unter dem Dorf Hals „Petter Dorttwald zinset 6 Kreuzer“.  Auch die Grenzwächter-Vermutung ist wackelig:  Die Mitforscherin Kaul schreibt, dass es frühe Turtenwalds auch in Baden gab. „Ich habe 1649 die Geburt eines Johannes Martin Duerttenwalt in Glatt bei Sulz am Neckar gefunden.“ Außerdem gebe ab ca. 1670 eine Menge Dortenwaldt/ Durtenwald / Durthenwald im Kreis Jagst, z.B. in Hohenberg, Rosenberg und Ellwangen. „Ich habe auch eine um 1655 geborene Christine Durdenwald gefunden, die 1676 in Rottelsheim im Elsass geheiratet hat.“


.
Turpald, Turtobald, Turtenwald, Thurnwald und  Turnwald

In welcher Version sie auch in Urkunden stehen, alles was wie Turtenwald bis Turnwald klingt, gehört, jedenfalls in Westböhmen,  zur gleichen Großfamilie.  Christina Kaul, die zu den frühen Familien Turtenwald/Turnwald in Westböhmen forscht, kommt zu dem Schluss (Mail vom 4. Dez. 2016):  „dass die Turtenwalds der Dörfer, die zur Herrschaft Kladrau gehören, von Michel abstammen, während jene Turtenwalds, die in Dörfern der Herrschaft Chotieschau leben, von Hans abstammen. Alle aber von Martin dem Älteren in Ostrau.  Martin Dortenwald (*wohl vor 1582) kauft den Hof in Ostrau / Ostrov 1622. Er hat drei Söhne: Martin *1602, Hans *1604 und Michael *1607 sowie eine Tochter Margarethe *1610.  Sohn Martin kaufte 1629 einen Hof in Teinizel / Tyrec, Sohn Hans 1635 den Hof in Horschikowitz und Michel übernimmt 1656 den Hof in Ostrau.“

Dazu passt dies: Ein Michael Durtenwald (40 J. alt) mit Frau Christina (39) und Tochter Katharina (7) erscheint in der Pilsner „Seelenliste“ von 1651 (SOUPIS PODDANÝCH PODLE VÍRY Z ROKU 1651 PLZEŇSKO – KLATOVSKO Hrsg.. 2017, S. 154)  beim Dorf Ostrau / Ves Vostrovo in der Herrschaft des Klosters Kladrau (weder die Variante Turnwald, Thurnwald, Turnwalt, Turtenwald oder Tortenwald kommen in diesem Verzeichnis vor).

In Ostrau, heute ein Ortsteil von Kostelzen / Kostelec, gab es bis 1945 zwei Familien Turnwald.  Das Haus #11 „Beim  Neubauer“ bewohnte schon 1651 dieser o.g. Michel Turtenwald (40 J.)  mit seiner Frau Christine (39 J.) und der 7 jährigen Tochter Katharina (das  Gedenkbuch der Gemeinde Ostrau,  vom in der Ortsgeschichte kundigen Lehrer H. Leneis ab 1929 geführt, zitiert dazu das Ostrauer Einwohnerverzeichnis des Kladrauer Abtes Romanus vom 17. Apr. 1651). Laut Leneis sind „urkundlich“ in diesem Haus: 1713 Simon Turtenwald, 1773 Stephan Turtenwald und 1849 Martin Turnwald mit den Kindern Simon, Peter und Johann, der den Hof übernimmt. Von Johanns Kindern Josef, Johann und Maria wird 1945 noch Johann Turnwald im Buch „Die Gemeinden im Landkreis Mies“ (S. 194) genannt.  Die Ortspläne von 2016 zeigen, dass das Haus 11 für eine Straße und Neubauten abgerissen wurde.  Das Haus 14 „Beim  Schoucherl“, in dem nach der Fam. Wech von 1848 (Wenzl) bis 1945 Turnwalds (Johann u. Margarete) lebten, besteht  dagegen heute noch:

Nach dem amtlichen Kataster [Stand 2017-07-25] sind nun die Eheleute Pavel und Ilona Flor die Inhaber des Hauses #14 in Ostrau, eines stattlichen Hofes. Ein Bild vom Haus #11 suche ich noch. Jetzt ist die #11 neu vergeben an die Firma „Logistics Park 1 s.r.o.“, nahe an der Autobahn A6 / D5 von Nürnberg nach Prag, Ausfahrt 107.

2011 hatte Ostrau 59 Einwohner in 44 Häusern, 90 Jahre davor, 1921, noch 227 Einwohner (davon 220 Deutschböhmen)  in 37 Häusern, eingepfarrt nach Kostelzen, wohin es von 1945 bis 1976 auch politisch zugeordnet war; danach, bis 1988, gehörte Ostrau, wie schon seit der Gründungsurkunde von 1115 zu Kladrau (früher natürlich zum 1785 aufgelösten Kloster Kladrau), seit 1889 wieder zu Kostelzen /Kostelec u Stříbra  im Bezirk Tachau / Okres Tachov der Region Pilsen / Plzeňský kraj.

In Ostrau wechselte in der Familie der Name Turtenwald zu Turnwald.  Das gab es auch an anderen Orten und auch umgekehrt.
Ein Pfarrer in Chotieschau, das hat Friedbert Volk herausgefunden,  habe nachweislich einfach “Turtenwald” zu dem nun üblicheren Namen “Turnwald” umgeschrieben. Es gibt aber auch eine Aufzeichnung von ca. 1850, dass der 1646 getaufte Hendrich eigentlich den Namen Turnwald hätte bekommen müssen aber in das Taufbuch als Hendrich Turtenbald eingetragen wurde. Der richtige Name Turnwald sei aber vom sprachunkundigen Schreiber  „in Turtenbald verhunzt und  [bei weiteren Kindern Anm. d. Vf.] später in Turtenwald etwas verbessert“ worden.
Wie auch immer: Heute gibt es beide Namen Turtenwald und Turnwald weiterhin bei Personen vor allem in Deutschland (15. März  2017: 72 Turtenwald u. 666 T(h)urnwald) und in Tschechien (15. März  2017: 18 Turtenwald u. 50 Turnwald, jeweils incl. der Version Th.. bzw. mit der Endung ová), Turtenbald,  Turtobald und Turpald aber nicht mehr.

Otto Turtenwald aus Chotieschau hat 1958 in der Zeitschrift „Wacht an der Miesa“ (Nr. 52, S. 624)   darauf verwiesen, dass in der westböhmischen Stadt Kladrau unter den ältesten deutschen Bürgern im 16. Jhdt. ein „Turtobald“ genannt wird [der aber in den „berni rula“ (s.u.) dort nicht erscheint Anm. d. Verf.]. Ab dem 17. Jhdt. sei daraus der Name Turtenwald geworden. Der Prager Sprachforscher Dr. Karl Gaube habe in den 1920er Jahren auf eine Anfrage hin in der Zeitschrift „Bundesbote“ publiziert, dass Turtobald auf den deutschen Personennamen Turpald aus dem 6. Jhdt. zurückweist. Dieser setze sich zusammen aus turis = Riese, Kraft und aus pald = kühn. Wer hätte, falls das stimmt,  beim Namen „Turnwald“ oder „Turtenwald“ an so etwas gedacht?

Was sind Turten?
Auch wenn sich Turnwald /  Turten-wald aus Tur-pald emtwickelt hätte, bleibt nach dem dann eingesetztem Wort „Turten“ zu fragen. In Frankfurt wurde 1568 das Wort „Turten“ so verwendet:
(bringt man) turten, gebachens oder strauben,
so wüsch im fluchs uber dhauben.
grobianus
Erdäpfelturten, die in der Turtenpfanne gebacken werden, sind eine Fastenspeise.
Dass Dortenwald (Ostrauer Grundbuch 1622: Martin Dortenwald), Tortenwald  mit Turtenwald wechselten, liegt dann nahe.  Das „Deutsche Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm“ (Leipzig 1854)  weist „dorte“ als eine übliche Schreibweise von „Torte“ aus.
Wird Turtenwald etwas schnell, zahnlos  bzw. schludrig ausgesprochen dann klingt es wie Turnwald.  Des Schreibens und Lesens waren im 16. Jhdt. höchstens 3 %  der Landbevölkerung mächtig.  Mit dem vom Pfarrer, vielleicht nach Gehör,  vorgenommenen Wechsel von Turtenwald zu Turnwald  verschwindet allerdings die Zuschreibung des Namens zum Wald mit Torten, also mit  feinen, flachen Kuchen, völlig.

Und was ist mit Wald? 
Wald kann sich natürlich aus dem pald,  bald entwickelt haben. Auch das aus Zusammensetzungen wie Witzbold bekannte Suffix -bold  geht zurück auf das mittelhochdeutsch balde oder auch althochdeutsch baldo. Die Bedeutung lautet kühn und ist heute noch im Englischen mit dem Verb bold zu finden.  Erst im 17. Jahrhundert fand ein Bedeutungswechsel statt und aus kühn wurde eilig im Sinne von bald. Da passte es, von -bald zu -wald zu wechseln, der früher mehr als eine Ansammlung von Bäumen bedeutete: „Es scheinet in Wald vielmehr das dicke, enge Beysammenseyn der Theile der herrschende Begriff zu seyn, indem man dicke, buschige Haare, nahe an einander stehende Gewächse u. s. f. mehrmahls mit einem Walde zu vergleichen pflegt. Ehedem bedeutete Wald auch Holz, wie das Englische Wood und Schwedische Ved, und auch im Deutschen Holz so wohl Lignum als Sylva ist.“ Soweit das grammatisch-kritische Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart von Johann Christoph Adelung (1788).

Quelle: Wörterbuchnetz . Kompetenzzentrum an der Universität Trier


.

Turnwald, Turtenwald und Dortenwald in alten Listen

Die berni rula (Steuerlisten, erfasssen nur Grundeigner) von 1654 zeigen im tschechisch redigierten Nachdruck „Pilsner Kreis“ von 1952 keinen Eintrag zu Turnwald, weder für Kladrau noch für Tuschkau-Dorf, wohl aber auf der Fol. 17 des Bandes „Pilsner Kreis“ (im Nachdruck von 1952 Band I auf S. 187) den Namen Jan Turtenwald für das Dorf Horschikowitz.

In der Ausgabe von 2017  der vorher erschienenen Seelenliste von 1651 (Soupis poddaných podle víry z roku 1651, also den Listen nach dem Glauben, auch mit Kindern) steht auf S. 155 (von 717 pdf-Seiten) ein Michel Durtenwald , Bauer (sedlák) 40 J. mit Frau Christina (Kristýna) 39 J. und Tocher Katherina (Kače) 7 J., alle katholisch, lebend in Ostrau (Ves Vostrovo) in der Herrschaft des Klosters Kladrau (Kladruby). Michel (*1607) ist einer der 4 Söhne des o.g. Martin Dortenwald, der 1622 in Ostrau einen Hof erwarb, den Michel  erbte.

Im Original der Berni Rula von 1654 hat der Heimatforscher Pfarrer Anton Rawitzer außerdem für den nahe an der Grenze von Westböhmen nach Bayern liegenden Ort StiebenreithCtiboř bei Tachau / Tachov einen Halbbauern / Chalupnik  Mattheß Dortenwald und bei den Kleinstlandwirte  (Gärtner = zahradnici) ein Martin Dürtenwald gefunden.   Niedergeschrieben ist das in der „erweiterten Chronik II und Familiendokumentation“ 600 Jahre Stiebenreith 1375-1975 (1975, 79 Seiten, Eigenverlag). Der Ort wurde 1375 zinspflichtig, wurde also wohl 1367 oder etwas früher gegründet. Das Dorf war, der Namensteil „reith“ weist auf eine Rodung hin, als Reihendorf in fränkischer Hofform angelegt.  Kommen die Dortenwald / Turtenwald / Turnwald aus Franken?

Im Urbar von 1612 und dessen Renovierung von 1641 zahlt in Stiebenreith 1612 ein „Mattes Thurnwald“ und 1641 ein „Mats Dortnwaldt“ an Georgi und an Galli jeweils die gleichen Zinsen: 38 Gulden, 3 Kreuzer für den angegebenen gleichen Grundbesitz. Vermutlich war das die gleiche Person, zweimal verschieden geschrieben:

Im Stiebenreither Häuserverzeichnis steht, dass im Haus Nr.3  eine Maria Turtenwald (*13.3.1786, + 30.4.1845,  je in Stiebenreith) mit  Andreas Weidl (*22.5.1782) lebte, die am 6.1.1804  geheiratet hatten. Nach 1845 tauchen  in Stiebenreith weder der Name Turtenwald noch Dortenwald  oder T(h)urnwald wieder auf, wohl aber in der Umgebung.
Das „Gedenkbuch“ von Tuschkau-Dorf  enthält auf S. 14  den Auszug aus der o.g.  berni rula (dort ohne Turn-/ Turtenwald) aber  auf S. 16 den Katasterauszug von 1713 mit einem Gallus Turtenwald (*ca. 1674 in Horschikowitz,   † 15. Jul. 1759 in Tuschkau-Dorf) , der wohl als Vater des Georg Turnwald zu unserem Familienstammbaum gehört.


.
Vorfahren aus Wallensteins Heer oder aus Schweden?

Der Ortschronist Wech aus Lochutzen schreibt (ohne weitere Belege), dass die Turnwalds auf einen Hans Turnwald zurückgehen, der als entlassener Soldat des Wallenstein-Heeres sich 1635 in Westböhmen am Klindik’n Hof in Horschikowitz (cz: Hoříkovice) Erster Turnwald 1635 angesiedelt hat. Das dürfte wohl falsch sein.
Oliver Turnwald schrieb mir 2006:  “Es gibt Vermutungen, dass sich der Name Turnwald vom skandinavischen Thorvald ableitet, da wohl im 30-jährigen Krieg schwedische Truppen in das Gebiet gelangt (und geblieben) sind. ”  Das kann auch zur o. g. Turtenbald-Umschreib-Story  passen, weniger zur Ableitung von Turtobald. und überhaupt nicht zu den zahlreichen Turtenwald-Funden um Ostrau und Tachau aus dem 16. Jahrhundert oder in Baden.


.

Auswanderung nach  Neuseeland

Wenzl Turnwald (* 27 April 1794 in Lochutzen #14) war der Vater von Lorenz (Wenzl) Turnwald  (* 30 Jan.  1826 in Poppowa) der bei der Auswanderung einer Gruppe von Deutschböhmen nach Neuseeland (Puhoi) am  15 Juni 1863 auf hoher See auf der  „War Spirit” nach einem von einem Sturm ausgelösten Unfall tragisch starb.  Die Tourdaten dieser „War Spirit“ mit 222 Passagieren (davon 83 aus Böhmen) sind: London ab 12. März 1863, Auckland an 27. Juni 1863. Unter den Passagieren aus Böhmen waren aus meiner Verwandtschaft weitere Turnwalds  ( Anton Turnwald 25 J. mit seiner Frau Barbara, geb. Beden; Margarethe Glatz, geb. Turnwald 45 J.;  Anna Karl, geb. Turnwald 36 J.) und auch der damals ledige Paul Straka (*1830-01-05 in Honositz 21, Böhmen , CZ; †1895-08-23 in Puhoi, NZ),  der  Maria Botelsak (1840 – 1927)  aus Mantau / Montov, ebenfalls auf der „War Spirit“ dabei,  in NZ heiratete und dort Nachkommen hat. Ihre 7 Kinder sind  Annie *1879,  John *1870, Paul *1868 , Joseph *1872, Charles *1870, Magdalene* 1866 und Mary *1865.

Wenzl Turnwalds Frau Anna (*22 Jan.1826 als Wacker in Auherzen / Úherce u Nýřan, Böhmen, CZ , † 4. Nov. 1877 in Auckland, NZ) und die gemeinsamen Kinder Bartholomäus, Lorenz, Joseph John, Katherina und Elisabeth erreichten Neuseeland und sorgten, mit den o.g. Turnwalds dafür,  dass es noch heute in der 6. Generation Turnwalds in Neuseeland gibt.  Sie lassen sich bis zu Susanne u. Philipp Turnwald (vorher Turtenwald) zurückführen, der 1727 in Ostrau (Ostrov)  bei Mies (Stříbra), heute ein Orstteil von Kostelzen (Kostelec u Stříbra) im Haus 11 „Beim Neubauer“ geboren wurde. Es ist der Hof, den Martin Dortenwald (* wohl vor 1582) bereits 1622 kaufte.

Auch das bei der Überfahrt noch junge Paar Anton († 1924) und seine Ehefrau Barbara Turnwald (geb. Lans / Beden,  † 1886)  die aus Chotieschau im Alter von 25 und 22 Jahren mitreisten, trugen mit 9 in Neuseeland geborenen Kindern dazu bei. Die Großeltern von Anton  waren  Peter und Cäcilia Turnwald (geb. Lenz), der Vater Anton Bartholomäus Turnwald (* 8 Jan 1785)  aus Chotieschau, die Mutter Anna (geb. 1797 als Gruber  in Stich / cz: Vstiš, heute ein Ortteil von Wiesengrund / cz: Dobřany). Auch diese beiden Turnwald-Familien aus der „War Spirit“ hielten sich für nicht verwandt, haben aber vermutlich im 18. / 17. Jh. gemeinsame Vorfahren, die bis 1622 zum Neubauer-Hof in Ostrau (s.o.) zurückreichen. Früher waren nämlich über die 4. Generation hinaus – außer beim Adel, da ging es ja um Besitz und Macht  – Verwandtschaften nicht mehr bekannt, man hielt sich für  bloße „Namensvettern“. Die Turnwalds in Horschikowitz waren Untertanen der Chotieschauer und die in Ostrau Untertanen der Kladrauer Kloster-Herrschaft. Erst 1848 wurde in Böhmen die Leibeigenschaft aufgehoben.

Seit Juni 2016 habe ich Kontakt mit Colin Turnwald, der selbst Familienforschung betreibt und mir die Bilder seiner Urgroßeltern Joseph u. Eva Turnwald geschickt hat; Joseph ist ein noch in Böhmen geborener Sohn des auf der Seefahrt tragisch verunglückten Lorenz Turnwald, ein Bruder des oben mit seinen Vorfahren und Kindern dargestellten Lorenz Turnwald (1853 – 1940) :

Turnwald-Joseph-1855-11-12-Poppowa_Eva-Bayer-1853-08-25-Chotieschau_oo1897-02-20_Neuseeland_616

Heute steht Puhoi Valley in Neuseeland für  Ice Cream und Organic Half & Half Milk, daher kein Wunder:  In  Ohaupo (NZ) betreibt z. Zt. eine Familie John Turnwald eine große Milchkuh-Farm.

turnwald_farm_2007

Foto-Collage aus 3 Bildern des Manuel Hundt (23.2.2007), die erschienen sind in:
Neuseeland 2007 – Bericht zur Exkursion des Instituts für Geographie der Universität Potsdam.

.

Weitere Turnwald-Verwandte im ehemaligen Kreis Mies (Westböhmen)?

Buch-Gemeinden-Kreis-MiesIm Heimatbuch „Die Gemeinden des Landkreises Mies“ (3., verbesserte Auflage – Dinkelsbühl 2008) finden sich der Namen Turnwald meiner Großmutter väterlicherseits  sowohl auf S. 135 in (Lochutzen) als auch in  Tuschkau Dorf (S. 316). In gemeinsamer Arbeit, zu der alle Familienforscher herzlich eingeladen sind, versuche ich diese „Wech-Listen“ für www.lochutzen.de zu digitalisieren.

Die Bezüge zu den  Turnwalds (ein in Westböhmen häufiger Name) an anderen Orten des Kreises Mies  z. B. Turnwald aus den 1935er-Hausbesitzerlisten in Chotieschau, Elhotten, Elschelin, Gottowitz, Hniemitz, Holleischen, Horschikowitz, Kladrau, Knie, Kosolup, Kostelzen, Lichtenstein, Lihn, Littitz, Lohowa, Mies, Mirschowitz, Naglos, Nedraschitz, Tuschkau Stadt, Untersekerschan, Wellana, Wilkischen, Witowa, Worhabschen, Wscherau und Zwug sind, soweit es überhaupt verwandtschaftliche Verbindungen gibt, noch unklar.  Da bleibt noch viel in den Archiven zu forschen.

.

Die in die USA ausgewanderten Turnwalds haben eine facebook-Gruppe „Turnwalds around the World“ eingerichtet. Wer mehr zur Linie Honal/Turnwald beitragen kann oder wissen will, möge mir bitte ein E-Mail schreiben.

.

.

Leave a Reply

You must be logged in to post a comment.